Venture Philanthropy
Wie können Mittel für gemeinnützige Ziele bereitgestellt werden, wenn für Investoren die Aussicht auf Rendite zu gering ist – und für Philanthropen das Risiko des Scheiterns zu hoch? Diese Fragen stellte sich auch John D. Rockefeller III und brachte bei einer Anhörung im US-Kongress erstmals den Begriff «Venture Philanthropy» ins Spiel.
Venture Philanthropy bezeichnet eine Form philanthropischen Engagements zwischen traditionellen Projektförderungen und rendite-orientierten Investitionen.
Die Parallele der Bezeichnung zu «Venture Capital» ist nicht zufällig. Risiko-Kapitalgeber setzen auf besonders aussichtsreiche Unternehmen – und nehmen in Kauf, dass sie ihre Investition im schlimmsten Fall verlieren können. Bei der Venture Philanthropy steht statt einer finanziellen Rendite die gesellschaftliche Wirkung im Vordergrund.
Massgeschneiderte Finanzierung für einen guten Zweck
Kapital wird zum Teil in Form von Spenden, häufiger aber als Darlehen oder über Eigenkapital-Beteiligungen zur Verfügung gestellt. Dabei nehmen die Bedingungen Rücksicht auf den besonderen Charakter des Investments.
Zwar werden zum Teil – und je nach gesetzlichen Rahmenbedingungen – Gewinne an VP-Investoren ausgeschüttet. Häufig verzichten diese aber zugunsten einer höheren gesellschaftlichen Wirkung ganz oder teilweise auf eine Rendite oder investieren ausgeschüttete Beträge in weitere gemeinnützige Organisationen.
Fokus auf Wirkung
Viele VP-Investoren legen besonderen Wert auf die kontinuierliche Messung der angestrebten Wirkung. Einerseits trägt dies dazu bei, die Aktivitäten der Portfolio-Organisation auf die angestrebte Wirkung zu fokussieren. Andererseits besteht das gleiche Dilemma wie bei allen Kennzahlen: Sie wirken. Dies kann dazu führen, dass nur leicht erfassbare Wirkungen wahrgenommen werden, komplexere Zusammenhänge oder mögliche, aber schwer zu fassende negative Nebenwirkungen hingegen aus dem Blick geraten.
Helfen mit mehr als Geld: Capacity Building und nachhaltige Unterstützung
Neben der Bereitschaft zum Risiko und den Angeboten einer massgeschneiderten Finanzierung gibt es weitere Parallelen zum Venture Capital: Neben Geld stellen VP-Investoren auch ihr Wissen und ihre Netzwerke zur Verfügung, ermöglichen Zugänge, beraten ihre Portfolio-Organisationen bei der Strategie-Entwicklung oder der Unternehmensorganisation.
Dabei streben sie an, gemeinnützige Organisationen so aufzustellen, dass sie langfristig eigenständig arbeiten können. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Capacity Building: Mittel von VP-Investoren können sowohl für die Weiterentwicklung der eigenen Kompetenzen verwendet werden als auch für Investitionen in die technische Ausstattung, die Entwicklung von Marketing-Konzepten und ähnliche Aufgaben, die sich mit traditionellen Projektförderungen nicht finanzieren lassen.
Diese Art der Förderung ist vor allem für Organisationen in einer frühen Phase besonders hilfreich, wenn die Projektmittel für Anschubfinanzierungen oder die Entwicklung innovativer Konzepte verbraucht sind und die nächste Phase der Entwicklung ansteht. Eine wichtige Rolle können VP-Investoren auch bei der Skalierung bereits erprobter Lösungen spielen, wenn es darum geht, langfristig tragfähige Finanzierungsmodelle etwa für eine überregionale Implementierung innovativer Lösungen zu entwickeln.
Langfristige Förderung zur Stärkung der Organisationen
Ein Kennzeichen von Venture Philanthropy ist ein langfristiger Zeithorizont. Während die meisten Projektförderungen nur wenige Jahre oder noch kürzer zur Verfügung stehen, begleiten VP-Investoren Organisationen oft jahrelang, bis sich eine gute Gelegenheit für einen Exit ergibt.
In den seltensten Fällen kommt es zu einem gewinnträchtigen Verkauf an einen anderen Investor. Dem setzt in den meisten Ländern schon das jeweils geltende Gemeinnützigkeitsrecht eine enge Grenze. In manchen Fällen ist es möglich, dass die Organisation die Gemeinnützigkeit aufgibt. Häufiger ist der Fall, dass eine wirtschaftlich erfolgreiche Portfolio-Organisation Darlehen und gegebenenfalls Zinsen zurückzahlen darf und kann. In nicht wenigen Fällen endet ein VP-Investment aber auch damit, dass die eingesetzten Mittel abgeschrieben werden müssen, weil die Organisation die Gewinnschwelle nicht erreicht hat.
Beispiel LGT Venture Philanthropy
Die liechtensteinische LGT Venture Philanthropy hat sich als langjähriger Partner von zahlreichen globalen Organisationen erwiesen, welche umfassend unterstützt werden und damit einen Beitrag insbesondere zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) leisten. Beispielsweise wird die afrikanische Organisation Last Mile Health seit 2018 gefördert.
Diese verfolgt u.a. das Ziel, durch die Rekrutierung und Ausbildung von medizinischem Personal die afrikanische Landbevölkerung zu unterstützen. Allein im Jahr 2021 konnte auf diese Weise fast 184.000 Menschen geholfen werden, insbesondere bei der Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen und Verletzungen. Dies zeigt die nachhaltige Wirkung und den positiven Einfluss, den Venture Philanthropy auf globale Gemeinschaften haben kann.
Fazit
Venture Philanthropy schlägt eine Brücke zwischen traditionellem Spenden und kommerziellem Investieren. Sie ermöglicht es Philanthropen und Investoren, gemeinsam an gemeinnützigen Zielen zu arbeiten, ohne die Rendite komplett aus den Augen zu verlieren. Die Integration unternehmerischer Prinzipien, das Capacity Building von Organisationen und der Aufbau langfristiger Partnerschaften sind Kernaspekte von Venture Philanthropy.