Mehrere Personen verändern nachhaltig gesamte Systeme

Systeme entscheidend verändern

Wer komplexe gesellschaftliche Probleme angeht, sollte auf verschiedenen Ebenen ansetzen – und sich mit weiteren Akteuren zusammentun.

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«Unsere bisherigen Erfahrungen mit Förderungen zeigen: Es ist gut, langfristig mit den gleichen Organisationen zusammenzuarbeiten. Die Organisationen leisten auch sehr sinnvolle und wirksame Arbeit. Und dennoch haben wir manchmal den Eindruck, dass viele Probleme so kompliziert sind, dass wir nur etwas an den Symptomen machen können, aber nicht an die Ursache herankommen.»

«Mir genügt es nicht aus, wenn die Organisationen, die ich unterstütze, mehr vom Gleichen erreichen. Ich suche nach Möglichkeiten, problematische Strukturen nachhaltig zu verändern – mit anderen Worten, die Probleme an der Wurzel anzupacken und so lange und intensiv zu bearbeiten, bis sie sich erledigt haben.»

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Für einfache Probleme reichen oft einfache Lösungen. Wenn ein Brunnen gebaut werden soll oder Geld für ein Theaterprojekt fehlt, dann lässt sich das mit einer einfachen Förderung beheben.

Manche Probleme sind jedoch kompliziert: Es gibt viele verschiedene Aspekte zu beachten, zahlreiche Rädchen müssen ineinandergreifen, damit ein gutes Resultat herauskommt. Grosse Bauvorhaben oder die Entwicklung eines neuen Impfstoffs etwa benötigen eine detaillierte Planung und ein systematisches, kontinuierliches Projektmanagement.

Und es gibt komplexe Problemlagen, zum Beispiel sozialer Art oder im Umweltbereich. Die Zusammenhänge zwischen auslösenden Faktoren und sichtbaren Symptomen sind nicht leicht erkennbar, ja vielleicht noch nicht einmal wissenschaftlich erforscht; es kommt zu vielfältigen Wechselwirkungen. Einfache Interventionen führen nur zu kurzfristigen Ergebnissen oder bewirken gar das Gegenteil von dem, was eigentlich erreicht werden sollte. Pläne laufen ins Leere. Veränderungen erfolgen in kleinen Schritten oder geschehen in grossen Sprüngen, ohne dass sich dies präzise vorhersagen liesse.

Wenn Probleme in komplexen Systemen angegangen werden sollen, muss zur Lösung das System verändert werden. Ein solcher System Change erfordert auf mehreren Ebenen verschiedene, miteinander wechselwirkende  Veränderungen, die sich nicht linear planen lassen.

«Bei manchen der von uns geförderten Organisationen stellen wir fest, dass sie ein hohes Tempo an den Tag legen und immer wieder auf neue und bessere Ideen kommen. Häufig steckt dahinter eine besonders umtriebige Gründerpersönlichkeit, die immer wieder den Fokus ihrer Organisation verändert oder erweitert und ständig nach neuen Möglichkeiten sucht, noch wirksamer und tiefgreifender zu arbeiten.»

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Ansätze für System Change

Um Veränderungen in komplexen Systemen zu bewirken, gibt es eine Reihe verschiedener Ansätzen. Viele der Konzepte kommen aus der anglo-amerikanischen Philanthropie.

Sozialunternehmer

Als Sozialunternehmer (Social Entrepreneurs) werden Innovatoren bezeichnet, die ein gesellschaftliches Problem unternehmerisch bearbeiten möchten. Dabei geht es nicht unbedingt darum, eine eigene Firma aufzubauen, auch wenn das eine konkrete Herangehensweise sein kann. Gemeint ist vor allem der unbedingte Willen, so lange Ressourcen zu mobilisieren und an Lösungen zu arbeiten, bis man ein bestimmtes Problem bestmöglich in den Griff bekommen hat.

Bildlich gesprochen, reicht es einer Sozialunternehmerin oder einem Sozialunternehmer nicht aus, einem Hungrigen, der früher Fischrationen zugestellt bekam, jetzt einfach das Angeln beizubringen. Stattdessen arbeiten sie unermüdlich daran, das ganze System der Fischzucht und des Fischfangs so umzukrempeln, dass alle nachhaltig davon leben können.

Wer als Philanthrop Sozialunternehmer fördert, stärkt in der Regel eine als besonders unternehmerisch, hartnäckig oder innovativ wahrgenommene Person, von der man besondere Leistungen erwartet.

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 «Einige Organisationen in meinem Portfolio haben tragfähige Geschäftsmodelle entwickelt, um ihre Lösungen durch Entgelte oder Verkaufserlöse zu finanzieren. Manchmal werden die Leistungen auch von dritter Seite bezahlt, etwa wenn Leistungen für sozial benachteiligte Gruppen besser und günstiger erbracht werden, als der Staat das selbst tun könnte.»

Social Business

Manche Sozialunternehmer gründen tatsächlich ein eigenes Unternehmen, um ihre Vorhaben umzusetzen. Die Grundidee von einem solchen Social Business lautet, langfristig durch eigene Einnahmen unabhängig von Förderungen und Spenden zu werden.

Die Grenzen zwischen Social Business und verantwortlichem Unternehmertum können dabei fliessend sein. Ein Lebensmittelhandel, der durch effiziente Prozesse und Verzicht auf hohe Margen dazu beiträgt, gesunde Lebensmittel für viele Menschen erschwinglich zu machen, ist noch kein Social Business.

Werden aber gleichzeitig auch noch gezielt Arbeitsplätze für marginalisierte Gruppen wie z.B. Personen mit besonderen Herausforderungen geschaffen und die Gewinne vollständig reinvestiert, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgeschüttet oder für soziale Zwecke gespendet, stellt sich das Bild schon anders dar.

Der Aufbau eines Social Business ist in vielen Fällen nur mit Fördergeldern oder Spenden möglich, weil das Geschäftsmodell keine Rückzahlung von Krediten oder Ausschüttungen an Investoren zulässt.

Social Businesses eignen sich besonders – wenn auch nicht ausschliesslich – für Regionen, in denen die Infrastruktur öffentlicher und privater Dienstleistungen noch wenig ausgebaut ist. Hier können Sozialunternehmen Angebote der Daseinsvorsorge, die das tägliche Leben der Menschen unterstützen, effizient und kostengünstig bereitstellen. Nachhaltige Geschäftsmodelle tragen dazu bei, die Angebote schnell zu skalieren und flächendeckend zu verbreiten.

In Staaten mit einem ausdifferenzierten Wohlfahrtswesen lassen sich solche auch als «Bottom of the pyramid» (BOP) bezeichneten Geschäftsmodelle zumeist schwieriger realisieren, weil es für die wesentlichen Lebensbereiche und -risiken bereits kostenlose oder günstige öffentliche Unterstützungsangebote gibt. Selbst wenn diese von der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit her zu wünschen übrig lassen, erschweren sie die Realisierung von kostendeckenden Social Business-Geschäftsmodellen.

Social Businesses wirken dann systemverändernd, wenn ihre Geschäftsmodelle nachgeahmt und weiterentwickelt werden und zum neuen Standard werden, der ganze Wirtschaftszweige verändert.

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«In dem Stadtteil, in dem meine Stiftung ihren Sitz hat, liegt die Zahl der Schulabbrecher deutlich über dem Schnitt. Hier hat sich ein Netzwerk von Förderern und NPOs gebildet, die gemeinsam Ziele vereinbaren und Indikatoren zu ihrer Messung entwickelt haben. Eine kleine Geschäftsstelle hilft jetzt allen Akteuren, ihre Aktivitäten an den gemeinsamen Zielen auszurichten.»

Collective Impact

Die grossen Herausforderungen unserer Zeit – Klimawandel, Hunger, Armut, globale Ungerechtigkeit, Frieden – kann keine einzelne Organisation bewältigen. Aber auch auf lokaler oder regionaler Ebene haben Probleme oft vielschichtige Ursachen und Dimensionen.

So geht zum Beispiel Obdachlosigkeit häufig einher mit Arbeitslosigkeit, psychischen Problemen oder Substanzabhängigkeit – und dies vor dem Hintergrund eines ungünstigen Wohnungsmarktes sowie grundsätzlichen Fragen der Stadtentwicklung. bedarf es eines koordinierten Vorgehens von Seiten der Zivilgesellschaft, von Politik, Verwaltung, privaten Investoren und Unternehmen, um wirklich nachhaltige Veränderungen für möglichst viele Betroffene zu erreichen.

Ein Ansatz, komplexe Problemlagen anzugehen, ist die Idee des Collective Impact. Dabei setzen sich alle, die einen Beitrag zur Lösung des Problems leisten könnten, an einen Tisch. Sie vereinbaren gemeinsame Ziele und stimmen das Vorgehen untereinander ab.

Durch die Messung bestimmter Kennzahlen können alle Beteiligten feststellen, ob das gemeinsame Vorgehen erfolgreich ist – ohne dass es darauf ankommt, wem die Erfolge jeweils konkret zugeschrieben werden können.

Eine wichtige Voraussetzung ist dabei ein gemeinsames Verständnis der verschiedenen Dimensionen des Problems, das es zu lösen gilt – Ursachenzusammenhänge, demografische Daten, Wirkungsketten verschiedener Ansätze und Beiträge. Alle Beteiligten sind zudem darauf angewiesen, dass an verschiedenen Stellen Daten erhoben, zusammengeführt und gemeinsam interpretiert werden, so dass jeder Beteiligte sich daran orientieren kann.

Collective Impact-Ansätze bedürfen einer hohen Bereitschaft der Beteiligten zur Kooperation und dazu, den gemeinsamen Erfolg wichtiger zu nehmen als die Kommunikation des eigenen Beitrags. Bei komplexen Problemlagen ist es zudem notwendig, auf Entwicklungen und Wechselwirkungen zu reagieren und regelmässig nachzusteuern.

Ein Schlüssel für den Erfolg von Collective Impact-Initiativen ist eine solide finanzierte Koordinationsstelle, die Daten sammelt, Termine vereinbart und die Kommunikation sicherstellt. Ein weiteres Element sind Angebote zur Weiterbildung und Entwicklung für die beteiligten Organisationen (Capacity Building). In beiden Bereichen können philanthropische Mittel eine entscheidende Wirkung entfalten und eine grosse Hebelwirkung erreichen.

«Eine der von uns geförderten Organisationen hat uns neulich überrascht: Sie will ihre Aktivitäten zum Jahresende einstellen – nicht aus Verzweiflung, sondern weil sie alle ihre Ziele erreicht hat. Wir haben vereinbart, dass aus den verbleibenden Fördermitteln Weiterbildungen für alle Mitarbeitenden finanziert werden, die jetzt auf Job-Suche sind.»

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Herausforderung Nachhaltigkeit

System Change ist dann besonders erfolgreich, wenn die Akteure, die den Wandel vorantreiben, sich langfristig überflüssig machen. Gelingt es zum Beispiel, einen neuen Bildungsansatz im Schul-Curriculum zu verankern oder ein neues therapeutisches Angebot als eine Regelleistung im Gesundheitssystem zu etablieren, können sich Sozialunternehmer wie auch Förderer neuen Aufgaben widmen.

Dies widerspricht auf den ersten Blick der Handlungslogik vieler Nonprofit-Organisationen, die – wie jede Organisation – zunächst einmal den eigenen Fortbestand und das Sichern der Arbeitsplätze im Auge haben.

Wenn Förderer den Organisationen – oder vielmehr: den handelnden Personen – eine Perspektive für die Zeit «danach» bieten, erhöht das den Anreiz, ein Thema oder Problem nicht einfach nur auf Dauer zu bearbeiten, sondern auf dessen Verschwinden hin zu arbeiten. Spannende Diskussionen sind in einer solchen Förderbeziehung garantiert!

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