Nachhaltig engagiert
Die Sustainable Development Goals der UN sind das ambitionierteste Zukunftsprogramm in der Geschichte der Menschheit – und eine äußerst zielführende Inspirationsquelle für Stiftungen.
«Nachhaltigkeit – das ist so ein schwammiger Begriff. Und was hat das mit meinem Engagement im Kulturbereich zu tun? Umweltschutz ist eigentlich nicht mein Thema.»
«In unserer Stiftung möchten wir die zentralen Fragen angehen, die für zukünftige Generationen relevant sind. Wie können wir heute so leben, dass auch unsere Kinder und Enkel ein gutes Leben führen können? Und was können wir mit unserer Stiftung dazu beitragen?»
Nachhaltigkeit, Klimaschutz, SDGs – was vor einigen Jahren vor allem Themen für Umwelt-Aktivisten waren, ist heute in aller Munde. Mit dem Pariser Abkommen, das 2016 in Kraft trat, haben sich nahezu alle Staaten der Erde rechtlich zum Klimaschutz verpflichtet. Und mit den Sustainable Development Goals (SDGs) haben die Vereinten Nationen bereits 2015 eine Agenda verabschiedet, wie es gelingen kann, allen Menschen auf der Erde ein Leben in Würde und Sicherheit über Generationen hinweg zu ermöglichen.
Für Philanthropen sind diese Entwicklungen in (mindestens) zweierlei Hinsicht relevant: Zum einen bei der Frage, wofür sie sich engagieren und welche Anliegen sie konkret verfolgen – vielleicht ja eines der 19 SDG-Ziele der UN? Zum anderen geht es darum, wie das eigene Engagement und Förderhandeln ausgestaltet wird, ganz unabhängig von den ins Auge gefassten Zwecken. Denn auch dabei spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle.
Die Ziele für nachhaltige Entwicklung
Die SDGs wurden von den Vereinten Nationen in einem mehrjährigen Prozess unter weltweiter Beteiligung entwickelt. Sie beschreiben in 17 Themenfeldern, welche globalen Prioritäten die UN-Mitgliedsstaaten als wichtig erachten, und reichen von der globalen Bekämpfung von Armut und Hunger über faire Bildungschancen, Umwelt- und Klimaschutz bis hin zu Frieden und Rechtsstaatlichkeit. Die 17 übergeordneten Aufgaben sind in 169 konkrete Unterziele gefasst. Weitere Information dazu finden Sie in dem Insight «Die Inner Development Goals».
«Ich möchte besser verstehen, welche Schnittmengen meine bisherige Arbeit mit den Nachhaltigkeitszielen der UN hat – müsste ich etwas anders machen, um mit den SDGs im Einklang zu sein?»
«Wir befinden uns gerade in einem Strategieprozess für unsere Stiftung und fragen uns dabei: Wie können wir dabei die SDGs nutzen, damit wir wirklich die relevantesten Themen bearbeiten?»
Die SDGs sind keine Anleitung und kein Kochbuch. Manche der Einzelziele richten sich eher an Staaten als an private Akteure. Einige der Ziele sind sehr konkret: «Ziel 1.1: Bis 2030 die extreme Armut – gegenwärtig definiert als der Anteil der Menschen, die mit weniger als 1,25 Dollar pro Tag auskommen müssen – für alle Menschen überall auf der Welt beseitigen.» Andere Ziele sind eher programmatisch: «Ziel 12.2: Bis 2030 die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen erreichen.»
Die Lektüre der SDGs lohnt sich. Sie geben einen guten Eindruck davon, was nach allgemeinem Konsens für das gemeinsame Leben auf der Erde wirklich wichtig – und aktuell besonders dringend – ist. Und sie lenken den Blick auf Felder, die sonst oft wenig präsent sind. Vielleicht findet sich das eigene Engagement schon in einem der 169 Unterziele wieder. Eine solche Zuordnung könnte dabei helfen, andere Philanthropinnen und Philanthropen, Stiftungen oder Initiativen zu finden, die sich für dasselbe oder ein verwandtes Ziel einsetzen.
In einigen Fällen lässt sich das bisherige oder geplante Engagement aber auch nicht in den SDGs finden. Das macht es nicht weniger wertvoll. Gleichzeitig kann man dies zum Anlass nehmen, zu prüfen, ob sich das eigene Engagement anpassen oder ergänzen lässt, um auch einen Beitrag zu den SDGs zu leisten.
«Ich bin auf etwas Interessantes gestossen – die Idee der ‹Bildung für nachhaltige Entwicklung›. Dabei geht es darum, ein Bewusstsein für unsere Verantwortung für die kommenden Generationen zu schaffen. Das lässt sich sehr gut im Bereich der kulturellen Bildung umsetzen, die ich gern fördern möchte.»
«Uns ist aufgefallen, dass einige der Projekte und Initiativen, die wir fördern, sehr gut erklären können, wie ihre Aktivitäten zu den SDGs beitragen. Das möchten wir zukünftig mit allen von uns geförderten Organisationen besprechen – eventuell machen wir es sogar zur Bedingung für eine Förderung.»
Nachhaltigkeit in der Stiftungsarbeit
Die SDGs können jedoch nicht nur bei der Strategie-Entwicklung und der Auswahl von Projekten eine Rolle spielen. Auch das «Wie» der eigenen Stiftungsarbeit lässt sich vor ihrem Hintergrund reflektieren – hier einige Beispiele:
Personalauswahl und -entwicklung: «Ziel 5.5: Die volle und wirksame Teilhabe von Frauen und ihre Chancengleichheit bei der Übernahme von Führungsrollen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung im politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen Leben sicherstellen.»
Bauen, Energieverbrauch, Reisen: «Ziel 13: Umgehend Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen.» Dieses Ziel richtet sich zwar vornehmlich an Staaten, aber Stiftungen können wie alle anderen Organisationen zum Klimaschutz beitragen.
Anlage des Stiftungsvermögens: «Ziel 7.1: Bis 2030 den allgemeinen Zugang zu bezahlbaren, verlässlichen und modernen Energiedienstleistungen sichern.» Dies könnte eine Stiftung bei der Vermögensanlage berücksichtigen, indem sie zum Beispiel in Erneuerbare Energien investiert – siehe Inspiration «Mit Vermögen wirken».
Um den eigenen ökologischen und sozialen Fussabdruck zu erfassen, braucht es nicht immer einen umfassenden Nachhaltigkeitsbericht mit einer Vielzahl von Indikatoren. Schon mit einfachen Tools kann eine Organisation ihre wichtigsten Arbeitsbereiche näherungsweise einschätzen. Entscheidend ist die Haltung der handelnden Personen – all dies sind bereits Beiträge zur Nachhaltigkeit und zur sozialen Gerechtigkeit im Alltag von Philanthropen und Stiftungen, die sich so nicht alle explizit in den SDGs finden lassen.
Natürlich sind Philanthropen und Stiftungen bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten nicht auf die SDGs festgelegt. Energie und Wasser sparen, mit der Bahn statt mit Auto oder Flugzeug reisen, bei Veranstaltungen Abfall vermeiden, beim Catering auf nachhaltig erzeugte, regionale und/oder vegetarische/vegane Alternativen achten, Diversität bei der Einstellung von Personal, der Berufung von Gremien oder im Umgang mit Projektpartnern berücksichtigen – dies sind alles Beiträge zur Nachhaltigkeit und zur sozialen Gerechtigkeit im Alltag von Philanthropen und Stiftungen, die sich so explizit nicht immer in den SDGs finden lassen.
Nachhaltig engagiert
Mit den Sustainable Development Goals die Zukunft im Blick