Die richtige Form finden
Vom Ehrenamt über Spenden bis zur Gründung einer eigenen Stiftung. Möglichkeiten, gemeinnützig aktiv zu werden, gibt es viele. Was zählt, sind längst nicht nur finanzielle Ressourcen.
«Mir liegen vor allem junge Familien am Herzen: Sie sollen alles haben, was sie brauchen, damit ihre Kinder geborgen aufwachsen und zu selbstbewussten und selbstständigen Persönlichkeiten werden.»
«Wir wollen als Familie einen Teil unseres Vermögens dauerhaft für gemeinnützige Zwecke widmen. Vor allem wollen wir Umweltschutz und Bildung fördern, dabei aber flexibel bleiben.»
Wenn ein philanthropisches Anliegen in die Tat umgesetzt werden soll, stellen Berater häufig als erstes die Frage nach der Rechtsform: Soll es eine Stiftung werden? Ein Spendenfonds? Oder ein Verein? Dabei ist die Frage der Rechtsform nur eine unter vielen, die nach der Festlegung des Zwecks zu beantworten sind. Genau so wichtig sind Aspekte der Arbeitsweise, der Organisation und der Ressourcen.
Rechtsformen
In jedem Land stehen verschiedene Rechtsformen für philanthropisches Handeln zur Verfügung. Beispiele sind Stiftungen oder Trusts ebenso wie Vereine oder gemeinnützige Gesellschaften. Nicht immer aber muss eine eigene Organisation gegründet werden: Wer sich ein Budget für Spenden reserviert, kann auch mit diesen Mitteln philanthropisch wirksam handeln. Eine Alternative besteht darin, sich bei einer bestehenden Stiftung zu beteiligen. Und auch das persönliche Ehrenamt ist philanthropisches Engagement.
Arbeitsweise
Zwei Arbeitsweisen lassen sich grundsätzlich unterscheiden: Möchte ich selbst aktiv werden oder Andere in ihrem Handeln unterstützen? Auf Stiftungen bezogen spricht man von einer operativen Arbeitsweise, wenn die Stiftung selbst Projekte durchführt, und von fördernder Stiftungsarbeit, wenn sie in erster Linie Mittel für andere gemeinnützige Organisationen zur Verfügung stellt.
Organisation
Schliesslich ist zu klären, wie das Engagement organisiert werden soll. Hier kann es Wechselwirkungen mit der Rechtsform geben – einen Verein kann man nicht allein gründen und eine Stiftung muss mit Vermögen ausgestattet werden. Daneben gilt es weitere Fragen zu klären: Soll es Entscheidungs- oder Beratungsgremien geben? Braucht es ein professionelles Team für die Umsetzung und Verwaltung?
Ressourcen
Zu den wichtigsten Ressourcen gehört Geld. Das kann in Form eines Vermögens oder von Spenden zur Verfügung gestellt werden, gegebenenfalls auch erst testamentarisch. Oder es werden Beiträge Dritter eingeworben(Fundraising). Viele Philanthropen verfügen auch über andere wertvolle Ressourcen: eigene Kompetenzen und Erfahrungen, Netzwerke und Zugänge, Bekanntheit und Reputation. Auch diese können für die Förderung des Anliegens eingesetzt werden.
Nicht alle Fragen sind gleich dringend
Manchmal stehen bestimmte Rahmenbedingungen von Anfang an fest. Zum Beispiel steht nach dem Verkauf eines Unternehmens ein grösseres Vermögen zur Verfügung, oder es soll eine bestimmte Immobilie sinnvoll mit Leben gefüllt werden. Vielleicht hat die Stifterin keine Zeit, sich selbst umfassend zu kümmern, oder die Familie möchte gern gemeinsam, aber nicht selbst operativ, sondern fördernd tätig werden. Aus solchen Randbedingungen ergeben sich oft schon einzelne Vorgaben für die spätere Form.
Philanthropie ist keine einmalige Entscheidung, sondern eine Frage der Haltung. Wofür und mit welchen Mitteln möchte ich mich engagieren? Für den Prozess der praktischen Umsetzung gibt es eine reichhaltige Ratgeber-Literatur und spezialisierte Berater, die künftige Philanthropinnen und Philanthropen in ihrer Entscheidungsfindung begleiten können.
Als erste Orientierung lassen sich drei Grundformen unterscheiden: ehrenamtliches Engagement, Spenden und die Gründung einer Stiftung.
Ehrenamtliches Engagement
Egal ob im Freiwilligendienst einer Pflegeeinrichtung, beim Organisieren von Kulturveranstaltungen oder im Umweltschutz: Die eigene Zeit, die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten zum Wohle anderer oder der Allgemeinheit einbringen, kann eine wertvolle Unterstützung darstellen. Wichtig dabei: Das Engagement muss im betreffenden Projekt oder in der Organisation auch gebraucht werden und willkommen sein. Das lässt sich im offenen Dialog klären – ebenso wie die Frage, welche Regelmässigkeit und Verbindlichkeit erwartet werden, damit das Engagement wirklich nützt.
Spenden
Mit Spenden können Organisationen kurzfristig und gezielt unterstützt werden. Mit zweckgebundenen Spenden kann ein bestimmtes Projekt über seine Laufzeit ausfinanziert werden. Viele Organisationen benötigen aber auch regelmässige Zuwendungen, um ihre laufenden Kosten zu tragen, die sich anders nicht decken lassen.
Stiftung
Mit der Errichtung einer Stiftung wird ein Vermögen dauerhaft einem gemeinnützigen Zweck gewidmet. Stiftungen können Spenden anderer erhalten, ihr Vermögen kann durch Zustiftungen oder Erbschaften – auch von anderen Personen als den Stiftern – erhöht werden. So können Philanthropen auch bestehende Stiftungen stärken, ohne selbst eine gründen zu müssen. Stiftungen gibt es in verschiedenen Ländern in verschiedenen Rechtsformen, zum Beispiel als juristische Person, als nicht-rechtsfähige Treuhandstiftung oder als Trust.
Es gibt natürlich noch viele andere Formen für philanthropisches Engagement – Sie finden diese ausführlich im Insight «Engagement-Formen» beschrieben.
Hier einige Beispiele, welche unterschiedlichen Formen Philanthropen für ihr Engagement finden:
«Ich habe ein regelmässiges Einkommen, von dem ich jährlich ein Budget für Spenden reservieren kann. Ausserdem habe ich lange ehrenamtlich mit Familien in einem sozialen Brennpunkt unserer Stadt gearbeitet und bin in einer kirchlichen Wohlfahrtsorganisation aktiv. Und nicht zuletzt habe ich nach dem frühen Tod meines Mannes selbst vier Kinder allein beim Aufwachsen begleitet und weiss, was Eltern sein heissen kann – auch wenn es uns die meiste Zeit materiell sehr gut ging.»
«Wir haben eine eigene gemeinnützige rechtsfähige Stiftung in Liechtenstein gegründet und mit Kapital ausgestattet. Zunächst werden nur die Vermögenserträge und Spenden für den Zweck verwendet. Nach zwanzig Jahren soll die Familie neu entscheiden, ob auch das Vermögen selbst verbraucht werden soll. Alle Förderentscheidungen treffen wir mit mehreren Generationen unserer Familie gemeinsam.»
«Wir sind mit einem Online-Unternehmen im Bereich von Erneuerbaren Energien in kurzer Zeit schnell gewachsen. Jetzt beteiligen wir uns an einem Investment-Fonds, der in mehreren afrikanischen Ländern in Start-ups im Bereich der Erneuerbaren Energien investiert. Dabei nehmen wir ein hohes Risiko und geringe Renditen in Kauf, und Gewinne werden sofort reinvestiert. So wollen wir einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Verbesserung der Lebensverhältnisse vor Ort leisten.»
«Wir sind im Laufe unseres Lebens zu etwas Wohlstand gekommen. Wir haben keine Kinder, aber wir möchten, dass von uns dauerhaft etwas bleibt. Deswegen haben wir eine kleine Treuhandstiftung unter dem Dach einer bestehenden Stiftung errichtet, die den Erhalt der historischen Kirche in unserem Heimatort unterstützt. Die Stiftung wird eines Tages unser Vermögen erben und ihre Erträge für den Erhalt der Kirche zur Verfügung stellen.»
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